Reisekosten im Griff: Wie ein mittelständischer Maschinenbauer Projektmargen sichert und seine Buchhaltung entlastet

Täglich entstehen im Projektgeschäft Kosten, die nicht vollständig erfasst oder falsch zugeordnet werden – etwa bei spontanen Hotelübernachtungen, Mietwagen oder Servicematerial vor Ort. Ein inhabergeführtes Maschinenbauunternehmen hat dieses Problem erkannt und seine Prozesse für unterwegs entstandene Ausgaben neu aufgestellt. Das Ergebnis: höhere Projektmargen, geringerer Buchhaltungsaufwand und mehr Zufriedenheit bei den Mitarbeitenden.

 

 

 

Zwischen Werkbank, Projektstandort und Hotelrezeption

Wer im industriellen Mittelstand Verantwortung für Projekte trägt, kennt die Realität fernab der Unternehmenszentrale: Maschinen werden vor Ort in Betrieb genommen, Serviceeinsätze kurzfristig geplant, Monteure reisen international an, und vieles wird spontan gelöst - ob Mietwagen, Hotel oder Werkzeug. Die Reisenden handeln pragmatisch, um Termine zu halten und Kunden zufriedenzustellen. Was dabei oft aus dem Blick gerät: die exakte Erfassung der dabei entstehenden Kosten.

Gerade in inhabergeführten Maschinenbauunternehmen mit projektbezogener Arbeitsweise entstehen viele dieser sogenannten „Unterwegs-Kosten“ außerhalb der zentralen Prozesse. Sie werden privat vorgestreckt, spät eingereicht oder falsch zugeordnet. In der Folge fehlen sie in der Nachkalkulation, verteuern buchhalterische Abläufe und sorgen im schlimmsten Fall für nicht verrechnete Leistungen. Die eigentlichen Auswirkungen zeigen sich nicht auf dem Beleg – sondern in der Marge, im Forecast und in der Zufriedenheit des Teams.

Dieser Beitrag zeigt am Beispiel eines mittelständischen Maschinenbauunternehmens mit 250 Mitarbeitenden, wie genau diese Herausforderung strukturiert angegangen wurde – und welche wirtschaftlichen Effekte daraus resultierten. Dabei geht es nicht nur um Digitalisierung oder Prozesseffizienz, sondern auch um eine strategische Frage: Wie gelingt es, mit einfachen Mitteln operative Blindspots sichtbar zu machen und daraus echten wirtschaftlichen Mehrwert zu erzeugen?

Die alltäglchen Travel-Probleme im Maschinenbau

Das Unternehmen, um das es in diesem Praxisbeispiel geht, ist ein inhabergeführter Spezialist für Sondermaschinenbau mit Hauptsitz in Süddeutschland. Mit rund 250 Mitarbeitenden fertigt es automatisierte Fertigungseinheiten für Kunden aus der Automobilzuliefer- und Elektrotechnikbranche. Die Produkte werden weltweit ausgeliefert – der Großteil der Projekte ist kundenindividuell, technisch anspruchsvoll und erfordert sowohl präzise Planung als auch qualifizierte Einsätze vor Ort.

Etwa ein Drittel der Beschäftigten ist regelmäßig unterwegs: Projektleiter, Inbetriebnehmer, Servicefachkräfte und Vertriebsmitarbeitende reisen national und international zu Kunden, Baustellen, Messen oder Lieferanten. Viele dieser Reisen erfolgen kurzfristig, oftmals verbunden mit Übernachtungen, Mietwagenbuchungen oder Ad-hoc-Ausgaben für Werkzeug, Ersatzteile oder Zollformalitäten.

Die Unternehmensstruktur ist klassisch mittelständisch geprägt: flache Hierarchien, hoher Eigenanspruch an Qualität und Kundenzufriedenheit, aber auch gewachsene Prozesse und eine pragmatische Herangehensweise im Alltag. Bisher wurden Dienstreisen über ein externes Reisebüro organisiert, die Abrechnung erfolgte dezentral – meist über Excel-Formulare, E-Mails und manuelle Prüfung durch die Buchhaltung. Firmenkreditkarten waren nur vereinzelt im Einsatz, viele Mitarbeitende bezahlten unterwegs privat und reichten ihre Auslagen anschließend zur Erstattung ein.

Im Alltag funktionierte das System – doch mit wachsendem Projektvolumen, mehr internationalen Einsätzen und gestiegenen Anforderungen an Wirtschaftlichkeit, Forecasting und ESG-Nachweise wuchs die Unzufriedenheit. Belege fehlten, Budgets wurden überschritten, Rückfragen häuften sich. Vor allem der CFO des Unternehmens stellte zunehmend infrage, wie aussagekräftig die Zahlen wirklich waren, die monatlich in den Reports standen.

Genau an diesem Punkt setzte das Projekt an, das in den folgenden Abschnitten näher beleuchtet wird.

Ausgangslage - Komplexität in der Realität

Die tägliche Praxis offenbarte, wie groß die Kluft zwischen geplantem Budget und tatsächlichen Kosten sein konnte. Inbetriebnahmen verschoben sich, zusätzliche Übernachtungen wurden notwendig, Mietwagen mussten spontan verlängert oder Werkzeuge kurzfristig beschafft werden. All das passierte fernab der Verwaltung – schnell und zweckorientiert. Für die Mitarbeitenden war das selbstverständlich. Für die kaufmännischen Prozesse: eine Blackbox.

Die Belegerfassung verlief uneinheitlich. Manche Teammitglieder fotografierten Quittungen mit dem Smartphone, andere sammelten sie in Papierform. Abgerechnet wurde am Monatsende – wenn überhaupt. Rückfragen zur Projektzuordnung wurden per E-Mail gestellt, teilweise mit mehreren Tagen Verzögerung. In der Buchhaltung mussten die Informationen manuell abgeglichen und häufig über mehrere Instanzen rückverfolgt werden. Dies führte zu verzögerten Buchungen, fehlerhaften Rückstellungen und einem erheblichen Abstimmungsaufwand.

Zugleich bestand das Risiko, dass verrechenbare Ausgaben nicht vollständig beim Kunden geltend gemacht wurden – weil sie im Nachhinein nicht mehr zweifelsfrei einem Projekt zugeordnet werden konnten. In Summe fehlten dem Unternehmen jährlich fünfstellige Beträge in der Projektabrechnung, die zwar angefallen, aber nicht korrekt abgebildet waren.

Auch auf der Ebene der Mitarbeitenden entstand Frust. Die private Vorkasse, teils über mehrere hundert Euro, wurde zunehmend kritisch gesehen – insbesondere bei jüngeren Kolleginnen und Kollegen. Das Gefühl, eigene Ausgaben „bettelnd“ abrechnen zu müssen, wirkte sich negativ auf die Identifikation mit dem Unternehmen aus. Gleichzeitig war der administrative Aufwand hoch: Mehrere Mails, fehlende Belege, Rückfragen – und in einzelnen Fällen sogar Mahnungen für unbeglichene Hotelrechnungen.

Spätestens als der Monatsabschluss eines Projekts wegen offener Reisekosten nicht erstellt werden konnte, wurde klar: Die bestehenden Prozesse waren nicht mehr zukunftsfähig.

Die wirtschaftliche Bedeutung - Was auf dem Spiel stand

Das auf den ersten Blick wie ein alltägliches Problem im Außendienst erschien, hatte bei genauer Betrachtung erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen. Der CFO des Unternehmens ließ mehrere Monate analysieren – mit einem klaren Fokus auf die Frage: Wie groß ist die betriebswirtschaftliche Lücke durch fehlerhafte oder verspätete Reisekostenprozesse?

Die Ergebnisse waren eindeutig:

  • Verrechenbare Kosten in fünfstelliger Höhe pro Jahr wurden nicht oder zu spät dokumentiert. Besonders betroffen waren Montageeinsätze, kurzfristige Projektänderungen und internationale Reisen mit mehreren Reisestationen.
  • Projektmargen variierten teils um mehrere Prozentpunkte – nicht aufgrund technischer Fehler oder Kundenanforderungen, sondern wegen unvollständiger Kostenerfassung.
  • Forecasts und Rückstellungen mussten auf Erfahrungswerten beruhen, weil aktuelle Ausgaben im System fehlten. Das erschwerte die monatliche Liquiditätsplanung und senkte die Verlässlichkeit interner Reports.
  • Die Buchhaltung verbrachte im Schnitt 30 % mehr Zeit mit Spesenabstimmungen als geplant. Zeit, die für strategischere Aufgaben oder Qualitätsverbesserungen fehlte.
  • Das operative Projektcontrolling war blind, sobald Mitarbeitende unterwegs waren – denn die tatsächlichen Kosten wurden teils erst Wochen später sichtbar.

Neben diesen messbaren Effekten stellte sich zunehmend auch ein kultureller Effekt ein: Der administrative Aufwand und das Gefühl mangelnder Wertschätzung belasteten das Verhältnis zwischen kaufmännischen und technischen Teams. Servicefachkräfte fühlten sich alleingelassen, Projektleiter mussten sich rechtfertigen, obwohl sie vor Ort pragmatische Entscheidungen trafen. Der CFO sprach offen von einer „kalkulatorischen Unsicherheit“, die das Vertrauen in Zahlen und Planungen gefährdete.

Diese Erkenntnisse machten deutlich: Es ging nicht um Belege – es ging um wirtschaftliche Steuerungsfähigkeit, Kundenzufriedenheit und Mitarbeiterbindung. Und genau hier setzte die Veränderung an.

2,4%

höhere Projektmarge

30%

weniger Buchhaltungsaufwand

81%

mehr Wertschätzung

Das Resultat - messbare Ergebnisse

Bereits drei Monate nach dem flächendeckenden Rollout lagen erste belastbare Zahlen vor – und bestätigten eindrucksvoll, dass die Entscheidung zur Prozessveränderung nicht nur organisatorisch, sondern auch wirtschaftlich richtig war.

1. Höhere Projektmargen durch vollständig erfasste Kosten
In den ersten ausgewerteten Projekten konnten bis zu 2,4 Prozentpunkte höhere Deckungsbeiträge erzielt werden. Grund dafür war nicht etwa ein Mehr an Umsatz – sondern die Vermeidung von Verlusten durch vergessene, verspätet gemeldete oder falsch zugeordnete Ausgaben. Diese „versteckten Verluste“ waren in der Vergangenheit oft schlicht untergegangen – heute werden sie frühzeitig sichtbar und verrechnet.

2. Buchhaltung: 30 % weniger Aufwand bei Spesen & Rückfragen
Die vorher aufwändige Abstimmung zwischen Buchhaltung, Projektleitung und Reisenden reduzierte sich signifikant. Belege sind tagesaktuell im System, Buchungen werden automatisiert zugeordnet und Fehler frühzeitig erkannt. Besonders die häufige Rückfrage „Wo gehört diese Ausgabe hin?“ entfiel vollständig.

3. CFO: verlässliche Forecasts und fundierte Liquiditätsplanung
Durch die tagesaktuelle Abbildung aller unterwegserfassten Kosten im System konnte das Unternehmen erstmals tatsächliche Verbräuche statt Schätzwerte in seine Planungen übernehmen. Rückstellungen wurden präziser, Monatsabschlüsse beschleunigt und die Prognosegüte der Reports sichtbar verbessert.

4. Mitarbeiterzufriedenheit & Arbeitgeberimage
Eine interne Umfrage unter den Reisenden zeigte:

  • 94 % empfanden die neue Lösung als „deutlich einfacher“
  • 81 % fühlten sich „wertgeschätzter“ durch Wegfall der Vorkassepflicht
  • Jüngere Mitarbeitende berichteten, dass sie in Vorstellungsgesprächen gezielt nach modernen Prozessen gefragt würden - das neue System wurde dabei als Pluspunkt wahrgenommen.

5. Nachhaltigkeit & Revisionssicherheit
Neben der operativen Effizienz wurde auch ein Nebeneffekt sichtbar: Durch die vollständig digitale Belegerfassung entfielen Papierausdrucke, E-Mail-Anhänge und manuelle Scans. Zudem waren alle Ausgaben revisionssicher dokumentiert, nachvollziehbar und mit minimalem Aufwand auf ESG-relevante Kriterien prüfbar.

In Summe hat sich der Wandel als Investition in Klarheit, Effizienz und Zukunftsfähigkeit erwiesen. Und das bei einem System, das weder große IT-Kapazitäten noch komplexe Implementierungen erforderte.

Erfolgsfaktoren & Stolpersteine

Die erfolgreiche Einführung des digitalen Zahlungssystems basierte nicht allein auf der Auswahl der richtigen Software – sondern vor allem auf der Art, wie das Projekt intern aufgesetzt und begleitet wurde. Einige Elemente haben sich als zentrale Erfolgsfaktoren erwiesen, andere Erfahrungen mahnen zur Vorsicht.

Was gut funktioniert hat:

  • Frühzeitige Einbindung der Buchhaltung und des Controllings
    Statt die Lösung „für“ die Finanzabteilung einzuführen, wurde sie mit ihr entwickelt. Das sorgte nicht nur für höhere Qualität in der Prozessgestaltung, sondern auch für eine breite Akzeptanz im späteren Betrieb.
  • Pilotgruppe mit iterativem Feedback
    Die gezielte Auswahl einer kleinen, heterogenen Pilotgruppe ermöglichte es, typische Stolpersteine frühzeitig zu erkennen – etwa beim Erfassen von Parkbelegen oder beim Umgang mit Fremdwährungen. Durch kurze Feedbackzyklen konnten diese Schwächen vor dem Rollout an die Gesamtorganisation behoben werden.
  • Klare Kommunikation der Ziele
    Anstatt primär auf Effizienz oder Kontrolle zu setzen, wurde das Projekt intern als „Erleichterung für alle Beteiligten“ kommuniziert. Der Wegfall der privaten Vorkasse, die Vereinfachung der Abrechnung und die Vermeidung von Fehlern waren greifbare Vorteile für die Mitarbeitenden.
  • Mobile Nutzung als Standard
    Der Fokus auf mobile-first stellte sicher, dass Reisende unabhängig vom Ort oder Endgerät handeln konnten. So wurde der neue Prozess nicht als zusätzliche Belastung, sondern als Entlastung wahrgenommen.

Was man besser vermeiden sollte:

  • Zu schneller Rollout ohne individuelle Abstimmung
    In einigen Bereichen wurde der Rollout zu früh skaliert – bevor die projektbezogenen Budgets oder Genehmigungswege ausreichend definiert waren. Daraus ergaben sich Rückfragen und Unsicherheiten, die das Tempo zunächst wieder bremsten.
  • Unklare Richtlinien zur Nutzung
    In der Anfangsphase fehlte es teils an klaren Regeln, welche Ausgaben mit der virtuellen Karte bezahlt werden sollten und welche nicht. Eine einfache interne FAQ mit Beispielen hätte hier viele Rückfragen vermeiden können.
  • Unterschätzte Schulungsbedarfe in Spezialfällen
    Besonders bei Mitarbeitenden, die selten reisen oder mit komplexen Projektstrukturen arbeiten, waren zusätzliche Einweisungen nötig – etwa zur Aufteilung von Kosten auf mehrere Projekte oder zur Nutzung im Ausland.

Diese Erkenntnisse zeigen: Die Wahl der Lösung ist wichtig – aber entscheidend ist der Begleitprozess. Digitalisierung ist nicht nur ein IT-Thema, sondern vor allem eine Führungsaufgabe.

Fazit - Kleine Beträge, großer Hebel

Was als scheinbar banales Problem begann – spontane Ausgaben auf Dienstreisen – entpuppte sich als bedeutender Effizienz- und Ergebnishebel in einem mittelständischen Maschinenbauunternehmen. Die Einführung eines digitalen Zahlungssystems war mehr als ein Prozess-Upgrade: Sie veränderte das Zusammenspiel von Außendienst, Buchhaltung und Management – und stärkte die wirtschaftliche Steuerungsfähigkeit spürbar.

„Unterwegs-Kosten“ sind oft diffus, unregelmäßig und schwer zuzuordnen. Doch gerade deshalb können sie sich in Summe zu einem systemischen Blindspot entwickeln: Projektmargen werden verzerrt, Budgets überzogen, Rückstellungen geraten zur Schätzung. Mit der richtigen Lösung werden diese Ausgaben sichtbar, steuerbar und sogar verrechenbar – in Echtzeit und ohne Zusatzaufwand.

Die positiven Effekte im dargestellten Unternehmen zeigen:

  • Transparente Datenlage führt zu besseren Entscheidungen.
  • Digitale Prozesse entlasten sowohl Mitarbeitende als auch Führungskräfte.
  • Kostenerfassung in Echtzeit verbessert Cashflow, Forecasts und Kundenabrechnung.
  • Moderne Tools zahlen auf Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit als Arbeitgeber ein.

Insbesondere in einem Umfeld mit hoher Reisetätigkeit, knappen Margen und hohem Anspruch an Qualität sind solche kleinen Hebel entscheidend. Der Maschinenbau befindet sich im globalen Wettbewerb – dort zählt jedes Prozentpunkt Marge, jede Stunde Zeit und jedes klare Signal an Talente und Mitarbeitende.

Die vorgestellte Lösung ist kein Großprojekt. Aber sie hat Großes bewirkt.

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